Was macht deinen Newsletter zum Handkuss?

Out-of-Home – am Arbeitsplatz in Wien drängt sich die Antwort auf die Frage geradezu auf. Liebe Leser!nnen meines «Handkuss»-Newsletters: Hier kommt ihr zum Handkuss, eine seltene Wendung, die metaphorisch verschiedenes bedeuten kann.

Der Ur-Handkuss

Die Babylonier waren es, die unerreichbaren Gestirnen und Gottheiten ihre Hingabe, Freundschaft und Verehrung als erste im Gebet mit einem Handkuss versichern wollten. «Suppû», das babylonische Wort für beten, bezeichnet ursprünglich «Kusshand» – und über diese nahmen sie mit den übermächtigen Schöpfern Kontakt auf. Schön, nicht? Geschichtlich steht hinter dem Handkuss also nichts anderes als Ehrerbietung, Respekt und Aufmerksamkeit.

Mein Handkuss – der Newsletter an dich

Bei meinem Newsletter stand der Gedanke der Freundschaft, Achtung und Hingabe Pate. Ihn mit dem Titel «Handkuss» zu taufen, lag für mich als Texterin auf der Hand. Der traditionellen Etikette entsprechend soll auch mein Newsletter achtungsvoll Aufmerksamkeit wecken und ein freundschaftliches «Wort- und Bild-Geschenk» an dich sein.

In einer späteren Tradition lädt der Galan mit einem Handkuss eine Frau zum Tanz ein. Weiter gesteigert, bittet der Verliebte mit einem Handkuss seine Liebste um ihre Hand; Romantiker nehmen sich dies bis heute zum Vorbild. So gelingt’s:

«Küss die Hand, gnädige Frau» – so geht es laut Knigge

Im Mittelalter erlebte der Handkuss eine Blütezeit: Adel und die hohe Geistlichkeit pervertierten den Gedanken jedoch; um sich der Unterwürfigkeit ihrer Untertanen zu vergewissern, liessen sie sich ihre Siegelringe küssen. Die Gepflogenheit dieses demütigen Ausdrucks ging bis in die bürgerliche Familie, in der die Kinder ihre Achtung für die Eltern mittels dem Handkuss zu beweisen hatten. Tempi Passati, zum Glück!

Ab circa 1900 wurde der Handkuss in West- und Mitteleuropa weithin als Zeichen unnötiger Selbstverleugnung und Servilität eingestuft. Gänzlich aus der Mode kam er, als 1917/18 die Monarchien Deutschlands und Russlands gestürzt wurden. In der Türkei und wenigen traditionellen Gesellschaften Ost- und Südostasiens wird Eltern, Lehrern und wesentlich älteren Verwandten oder Bekannten zur Begrüssung immer noch respektvoll die Hand geküsst. Beachtenswert ist auch die mit «Kissing Hands» bezeichnete englische Zeremonie, wenn die Monarchin einen Politiker auffordert, eine Regierung zu bilden.

Zum Handkuss kommen

Etwas mit Handkuss nehmen – gerne und ohne zu zögern etwas annehmen – diese Redewendung verstehen wir auf Anhieb, haben sie vielleicht sogar bereits selbst verwendet.
Aber wie steht es mit der österreichischen Wendung «zum Handkuss kommen»? Im Land des Handkusses bedeutet diese Wendung das pure Gegenteil aller anderen positiven Handküsse: Wer zu einem Handkuss kommt, der ist oder wird von einem Übel betroffen; er oder sie ist ein Opfer geworden – muss unschuldig Widerwärtiges erfahren.

Solche Nuancen muss ich als Texterin kennen. Damit ich für Sie, für dich wirkungsvolle Texte erarbeiten kann. Der  Wirksamkeit des Textes fühle ich mich allem voran verpflichtet.

Wie es wohl Wolfgang Kubicki geht? Der FDP-Politiker ist kürzlich zu einem medialen Handkuss gekommen; dabei wollte er einer Kollegin nur seine Verbundenheit und Achtung kundtun – ich hoffe, er nimmt es mit Humor, so wie ich, als ich den Artikel dazu in der Süddeutschen gelesen habe:

Handkuss: Eine männliche Geste der Unterdrückung oder seelische Hingabe?

 

4 Kommentare. Leave new

Wieder etwas gelernt: Österreichisch ist einfach ein anderes Deutsch. Dort jedenfalls möchte ich nicht zum Handkuss kommen.

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Cornelia Aschmann
12. Juli 2022 07:14

Deutsch in D oder A oder CH – mit der kleinen Recherche zum Handkuss hat sich bei mir eine jahrzehntelange Verwirrung im Verständnis der Konnotation des Handkusses gelöst.

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Rosetta Lampart
17. Juli 2022 16:50

Die Geschichte vom Handkuss war interessant. Wusste ich nicht. Danke Cornelia. LG

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Cornelia Aschmann
18. Juli 2022 08:54

Es ging mir wie dir Rosetta. Ich hoffe, dich wieder einmal mit etwas «Unerhörtem» zu überraschen.

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